Salzburg für alle! Für eine soziale, solidarische und ökologische Alternative

Die Landtagswahlen in Salzburg haben offenbart, dass die die liberalen, konservativen und reaktionären Kräfte eine umfassende Hegemonie ausüben, die von keiner Kraft auch nur ansatzweise in Frage gestellt wird. Allerdings – und das ist wichtig – ist die Wahlbeteiligung mit 65% (und weiteren 1,1% ungültigen Stimmen) auf den tiefsten Wert seit 1945 abgesunken. Und gerade bei dieser Wahl gab es zweifellos gut verständliche Gründe nicht zur Wahl zu gehen.

Die SPÖ hat mit einer oberflächlich sozial ausgerichteten und zugleich wirtschaftsfreundlichen Kampagne (u.a. für den Ausbau des Europarks) weiter an Zustimmung verloren. Eine Solidarisierung mit der SPÖ als Antwort auf den Vormarsch der Rechten blieb weitgehend aus. Die Grünen haben mit einer ausgesprochen konservativ orientierten Kampagne massiv Wählerstimmen verloren.

Interessant ist allerdings ein Blick auf die längere Zeitreihe der Wahlergebnisse. Die SPÖ hat mit Ausnahme der Phase 1999 bis 2009 seit den späten 1970er Jahren Stimmenanteile verloren. Die ÖVP erreichte nun endlich wieder auf ihr altes Niveau. Die FPÖ erstarkte zwar seit 2008. Doch bereits in den 1990er Jahren verzeichnete sie Anteile von um die 20% (SORA, Wahltagsbefragung und Wählerstromanalyse, Landtagswahl Salzburg 2018, Bild 6, http://www.sora.at/fileadmin/downloads/wahlen/2018_LTW-Sbg_Wahlanalyse-Grafiken.pdf).

Viele Menschen, die vor fünf Jahren die SPÖ oder die Grünen wählten, haben es bei dieser Wahl vorgezogen, gar nicht erst zur Wahl zu gehen. Die SPÖ hat 10000 Stimmen und die Grünen haben gar 11000 Stimmen zur Gruppe der NichtwählerInnen verloren. Das ist massiv. Das zeigt aber, auch diese Menschen, nicht einfach zu den liberalen, konservativen oder gar reaktionären Kräften gewandert sind, sondern einfach zum berechtigten Schluss gelangt sind, dass bei dieser Wahl keine glaubwürdige soziale und ökologische Kraft zur Wahl steht. Ein kleiner Auszug aus der sogenannten Wählerstromanalyse des Unternehmens SORA vermittelt einige interessante Hinweise.

„Die SPÖ mobilisiert 6 von 10 WählerInnen von 2013 erneut. Je 10.000 Stimmen verliert sie an die ÖVP sowie die Nichtwahl. Zugewinne kommen mit 7.000 Stimmen insbesondere von den Grünen.

Die Grünen überzeugen nur rund jede/n dritte WählerIn von 2013 erneut. Sie verlieren 11.000 Stimmen an die Nichtwahl, 10.000 an die NEOS, 7.000 an die SPÖ und 4.000 Stimmen an die ÖVP. Kleine Zugewinne von je rund 1.000 Stimmen kommen von ÖVP, Stronach-WählerInnen von 2013 sowie ehemaligen Nicht- bzw. ErstwählerInnen.“ (http://www.sora.at/themen/wahlverhalten/wahlanalysen/waehlerstromanalysen/ltw-sbg18.html)

Die KPÖ PLUS (KPÖ mit einigen ehemaligen Jungen Grünen) hat sich im Vorfeld der Wahlen etwas übersteigert als die einzige Opposition dargestellt. Wäre die KPÖ PLUS wirklich die einzige Opposition, dann stünde es um die Kräfte, die sich der neoliberalen und reaktionären Welle entgegenstellen wollen, wirklich schlecht. Zum Glück ist das Spektrum der Opposition und des Widerstandes breiter. Ich habe in der untenstehenden Tabelle die Wahlresultate der KPÖ bei den Gemeinderats-, Landtags- und Nationalratswahlen seit 2009 zusammengestellt. Dabei habe ich immer nur Anzahl Stimmen in der Gemeinde Salzburg eingetragen.

Anzahl Stimmen für die KPÖ in der Stadt Salzburg

NRW 08 GRW 09 LTW 09 NRW 13 LTW 13 GRW 14 NRW 17 LTW 18
Stimmen für KPÖ 518 1263 k Teiln. 697 877 1126 720 659
%-Anteil 0,8% 2,1% 1,2% 1,4% 2,1% 1,2% 1,2%

https://www.salzburg.gv.at/stat/wahlen/ltw/index.html#erg.13.0.0.0

Die Zahlen zeigen in aller Deutlichkeit, dass die KPÖ (bzw. 2017 und 2018 unter den Namen KPÖ PLUS) kontinuierlich, obgleich nicht dramatisch, Stimmen verloren hat. Bei den Gemeinderatswahlen schnitt sie jeweils leicht besser ab, weil es da keine Prozenthürde gibt und mit etwa 1200 Stimmen (je nach Wahlbeteiligung) die Aussicht auf einen Sitz besteht. Die Auffrischung der KPÖ durch Junge Grüne war dennoch nicht wirkungslos. Denn ohne die tatkräftige Unterstützung einiger weniger ehemals junger Grüner AktivistInnen hätte die KPÖ bei den NRW 2017 und LTW 2018 mit großer Wahrscheinlichkeit kaum mehr einen sichtbaren Wahlkampf zustande gebracht und noch bescheidener abgeschnitten.Die KPÖ PLUS war nicht in der Lage, WählerInnen, die sich enttäuscht von der SPÖ und den Grünen abgewendet haben, anzusprechen. Im Gegenteil, ihre eigene Basis erodiert ebenfalls.

Drei Sachverhalte sollten zu denken geben.

  1. Die neoliberalen, konservativen und reaktionären Kräfte sind gesellschaftlich eindeutig hegemonial. Die SPÖ und Grüne unterordnen sich in ihren Argumenten weitgehend dieser Hegemonie. Sie entwickeln kein eigenes Fundament, von dem aus sie für eine grundlegend andere Politik argumentieren.
  2. Die gesellschaftliche Situation ist bei Weitem noch so schlecht ist, dass wirklich nur noch die KPÖ PLUS die einzige Opposition ist. Die KPÖ ist nicht ansatzweise in der Lage, zusätzliche WählerInnen anzusprechen, obwohl sich viele enttäuscht von der SPÖ und den Grünen abwenden.
  3. So viele Menschen wie nie seit 1945 haben es vorgezogen, nicht zu wählen. Die SPÖ und die Grünen haben jeweils 10-11000 Stimmen zu den Nicht-WählerInnen verloren.

Das deutet darauf hin, dass durchaus ein gewisses – obgleich nicht großes – Potential für eine konsequente soziale, solidarische und ökologische Kraft in Salzburg vorhanden ist. Es gibt wesentlich mehr Menschen als die 659 WählerInnen für die KPÖ PLUS, die dem Salzburg der sozialen Spaltung und der Ausgrenzung, eine soziale und ökologische Perspektive des „Salzburg für alle“ entgegenstellen wollen. Es geht darum, diesen Menschen zumindest teilweise einen politischen Ausdruck zu verschaffen.

Aufbruch – für eine ökosozialistische Alternative setzt sich für den Aufbau einer konsequenten sozialen, solidarischen und ökologischen Kraft ein, auch in Salzburg. Wir gehen davon aus, dass hierfür durchaus ein Interesse besteht. Doch sind dabei neue Wege jenseits der herkömmlichen organisatorischen Zuordnungen und Parteien zu beschreiten. Darum denken wir darüber nach, wie die Menschen, die sich eine konsequente Opposition gegen die Hegemonie der Neoliberalen, Konservativen und Reaktionäre wünschen und sich für ein Salzburg für alle einsetzen, auch bei den Gemeinderatswahlen 2019 einen eigenen und neuen politischen Ausdruck finden können.

26. April 2018, Christian Zeller

2 Kommentare zu „Menschen wenden sich enttäuscht von Grünen und SPÖ ab. Kann eine Alternative entstehen?

  1. Sollte nicht eher die SPÖ sich wieder mit den Menschen solidarisieren?
    Die KPÖ hat bei der vergangenen Nationalratswahl der leider recht spät zusammengerafften Initiative „echt Rot“ leider voll die kalte Schulter gezeigt, weil sie schon mit den jungen Grünen verhandelte. Daher für uns leider auch nicht mehr ernst zu nehmen, weil die KPÖ großteils doch weiter eine paternalistische und hierachische Partei wie jede andere bleibt und so eben nicht Ausdruck von Sozialbewegungen werden kann. Das entstehen unabhängiger Sozialbewegungen wird seit 1987 erfolgreich verhindert. Damals gabs immerhin fast ein Jahr lang eine Sozialbewegung gegen das erste „Sparpaket“ von Rotschwarz. Seither gabs auf nationaler nie wieder breiteren Widerstand gegen den noeliberalen Umbau durch Rotschwarzblaugrün. Dass die KPÖ trotz programmatischer Erneuerung als Organisation keinen echten Neutstart schafft, ist nur noch traurig.
    Zum Verfall der neoliberal verseuchten SPÖ siehe auch deren erste Verschärfung des Arbeitslosenrecht nach Schwarzblau. Wer die Sanktionsquoten beim AMS anschaut: die Unterschiede zwischen den verschiedenen Regierungen waren nicht so groß, die Tendenz ging stets zu mehr Druck auf die erwerbslos gemachten Menschen.
    http://www.aktive-arbeitslose.at/pressemitteilungen/niemals_vergessen_alvg_novelle_2007_am_4122007_vom_parlament_beschlossen.html

  2. Bezeichnend für die politischen Verhältnisse in Salzburg ist auch, dass unter einem Grünen Soziallandesrat das Land gegen die Herabsetzung einer Bezugskürzung (für einen psychisch keranken Obdachlosen der eine AMS-Zwangsmassnahme abbrach) durch das Landesverwaltungsgericht beim Verwaltungsgerichtshof leider erfolgreich die Revision einlegt und sich so die Lizenz zum Verhungern lassen von Menschen gegeben hat! Eine Anfrage an den Grünen Soziallandesrat blieb unbeantwortet …

    http://www.aktive-arbeitslose.at/news/mindestsicherung_salzburg_skandalurteil_verwaltungsgerichtshof_gibt_der_buerokratie_die_lizenz_zum_verhungern_lassen_kranker_menschen.html

    Und in Wien tragen die Grünen eine massive Verschärfung der Minisicherung mit!

    http://www.aktive-arbeitslose.at/mindestsicherung/appell_an_gruene_nein_zu_den_massiven_verschaerfungen_der_wiener_mindestsicherung_wmg.html

    Und die Armutskonferenz in Salzburg gehört sowieso zum paternalistischen System!
    http://www.aktive-arbeitslose.at/pressemitteilungen/achtung_armutskonferenz_anerkennung_wertschaetzung_und_wurde_nur_fuer_angepasste_arme.html

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