Frauen sind ganz spezifisch von der Klimakatastrophe betroffen. Deshalb gehören sie in vielen ökologischen Bewegungen zur Speerspitze im Kampf gegen umweltzerstörerische Unternehmen. Die Bewegung für den Sozialismus in der Schweiz beteiligt sich stark an den Klimaprotesten und zugleich an den Vorbereitungen eines großen Frauenstreiks am 14. Juni. Sie macht auf die Verbindungen zwischen feministischen und ökologischen Anliegen an den Klimademos aufmerksam. Sie will dazu beitragen, die Klimabewegung und die feministische Streikbewegung theoretisch wie aktivistisch miteinander zu verbinden. Wir veröffentlichen im Folgenden die Rede einer Aktivistin der BFS an der Klimademo vom 6. April in Zürich. Die Herausforderungen gleichen sich in Österreich und in der Schweiz, obwohl es hier leider keine Bewegung für einen Frauenstreik gibt. Für einen feministischen Ökosozialismus! (Red.)
von Sarah Friedli (BFS Jugend Zürich)
Wir befinden uns in einer gravierenden Krise der Reproduktion, also der Wiederherstellung des Lebens! Wir alle wissen, dass die Art und Weise, wie wir im Kapitalismus Güter produzieren und konsumieren, unsere Ökosysteme derart angegriffen hat, dass die Reproduktion des menschlichen Lebens immer schwieriger wird. Ich gebe euch hierfür einige Beispiele:
- Flüsse, von denen Millionen von Menschen direkt abhängen, sind stark verschmutzt und verursachen Krankheiten und Todesfälle.
- Dürren und Überschwemmungen sorgen für niedrige Ernteerträge und zerstören die Existenzgrundlagen von Millionen Menschen.
- Viele Landwirtschaftsflächen sind auf Grund von Monokulturen und Pestiziden vergiftet und derart ausgelaugt, dass sie für Jahre unbrauchbar geworden sind.
- Die ständig steigenden Temperaturen sowie der Anstieg des Meeresspiegels drohen darüber hinaus ganze Regionen unseres Planeten unbewohnbar zu machen.
Doch diese Krise hat neben der ökologischen Dimension mindestens noch eine weitere Ebene: die Geschlechterdimension. Denn aus mindestens zwei Gründen sind Frauen spezifisch von dieser Krise der Reproduktion betroffen.
1. Es sind vor allem Frauen, die für die Reproduktion des Lebens zuständig sind: Die unbezahlte Haus- und Sorgearbeit von Kindern, Alten und kranken Menschen wird mehrheitlich von Frauen geleistet.
2. Weltweit sind es mehrheitlich Frauen, die landwirtschaftlich tätig sind und somit das Rückgrat kleinbäuerlicher Familien bilden. Als solche sind sie vom Klimawandel besonders betroffen.
Doch nicht nur das. Frauen leisten diese Arbeit meist auch noch unbezahlt. Ihre Arbeitskraft wird genauso wie die Natur als „natürlich vorkommende“ Ressource ausgebeutet. Es wird davon ausgegangen, dass die weibliche Arbeitskraft, wie auch die natürlichen Ressourcen, nie versiegen und immer wieder aufs Neue ausgebeutet und zerstört werden können. Doch dem ist nicht so! Lasst uns gemeinsam dagegen ankämpfen und verhindern wir, dass die Kapitalisten unsere Lebensgrundlage zerstören.
Frauen an der Spitze von ökologischen Bewegungen
Wir haben also gesehen, dass Frauen aufgrund ihrer Schlüsselrolle bei der Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Kleidung und Unterkünften die Hauptlast von Dürren, Umweltverschmutzung und übermässiger Ausbeutung des Bodens tragen. Deshalb ist der Kampf für die Emanzipation von Frauen und queeren Menschen auch:
- ein Kampf gegen die Privatisierung und Ausbeutung von Wasser, Saatgut, natürlichen Ressourcen.
- ein Kampf gegen den Klimawandel, der Millionen von Menschen die Existenz raubt.
- ein Kampf für die Anerkennung der Arbeit rund um die Reproduktion des Lebens. Und ein Kampf für die gemeinschaftliche Organisierung ebendieser. Wir kämpfen also dafür, dass auch in einer ökologischen Gesellschaft die ganze Arbeit rund um die Reproduktion nicht allein von Frauen getragen wird, sondern von der ganzen Gesellschaft.
Frauen auf der ganzen Welt stehen an vorderster Stelle solcher Kämpfe. Hier einige Beispiele:
Der Kampf indigener Frauen gegen die Dakota Access Pipeline in den Vereinigten Staaten, um die Wasservorkommen zu schützen.
Oder
der Kampf für die Rückgabe des vom Militär besetzen Landes im Norden
von Sri Lanka, wo vor allem Frauen für die Landrückgabe kämpfen.
Oder
der Kampf der Garhwali-Frauen in Nordindien gegen den Bau von
Wasserkraftwerken. Oder der Kampf zehntausender Lehrerinnen und anderer
Lohnabhängigen in den USA für bessere Arbeitsbedingungen und ein anderes
Bildungswesen.
Weitere Beispiele sind die unzähligen Kämpfe auf der
ganzen Welt gegen die Privatisierung von Wasser und Saatgut sowie für
die Erhaltung der biologischen Vielfalt und einer nachhaltigen
Landwirtschaft.
Ökologische und feministische Kämpfe gehören zusammen
Diese Kämpfe verbinden ökologische und soziale Anliegen gegen die Krise der sozialen Reproduktion: Sie sind starke antikapitalistische Alternativen zum vermeintlich „grünen“ Kapitalismus.
Denn anstelle eines Systems, welches ausschliesslich auf Profit aus ist, Menschen in Kategorien einteilt und abwertet, menschliche Arbeit und Natur als (kostenlose) Ressource ausbeutet und zerstört, brauchen wir eine ökosozialistische und feministische Alternative. Wir stehen ein für eine feministische und ökosozialistische Perspektive.
Weil eine ökosozialistische Perspektive nur dann eine Chance hat, wenn die sie erkämpfende Bewegung eine feministische Bewegung ist, welche die geschlechterspezifische Arbeitsteilung sowie die Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen radikal bekämpft. Dabei ist die Selbstorganisation von Frauen und LGBTIQ+ zentral. Neben der Klimabewegung erleben wir heute in der Schweiz eine erstarkende feministische Bewegung, welche sich für den Frauen*streik am 14. Juni zusammenfindet und organisiert. Deshalb rufe ich hier auf, die zwei stärksten sozialen Kämpfe von heute, die Klimabewegung sowie die feministische Bewegung zusammen zu denken und solidarisch zu sein.