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Stadt und Land: weiter mit der Autoförderung
Salzburgs Regierung will die Großgarage unter dem Mönchsberg stark erweitern und noch mehr Autos in die Stadt lotsen. Das gilt es zu verhindern.
Die Verkehrsprobleme in Salzburg haben viele Gesichter. In den 1940er und 50er Jahren wurden die Straßenbahn und die Bahn nach Berchtesgaden unsinnigerweise abgeschafft. Das rächt sich seit Jahrzehnten. Das Netz der O-Bus- und Buslinien weist große Lücken auf und die Intervalle sind zu lang. Die Tarife sind aberwitzig hoch. In den äußeren Stadtteilen fehlen tangentiale Buslinien, also Direktverbindungen zwischen Randzonen. Viele Vororte sind ungenügend oder gar nicht mit öffentlichem Verkehr erschlossen.
Auch in jüngerer Zeit haben die Stadt-und Landesregierung mit ihrer Politik die Probleme vergrößert. Die Kilometerleistung der Salzburger Oberleitungsbusse ist auf dem Stand des Jahres 1999, nämlich 6,2 Millionen Kilometer pro Jahr eingefroren. Diesen Unsinn vereinbarte die Stadtregierung unter der Leitung von Ex-Bürgermeister Schaden mit der Salzburg AG.. Die Ausgliederung der Salzburg AG aus der kommunalen Verwaltung hat den politischen Spielraum der Stadt substantiell eingeengt. Stadträtin Unterkofler hat jüngst als Ziel formuliert: „die Räder von der Straße wegzubekommen“.
Im Ergebnis fahren Tausende von Pendler*innen täglich aus allen Richtungen in die Stadt, in ihrer großen Mehrheit mit dem Auto. Viele Tourist*innen kommen mit ihrem Auto oder mit Bussen in die Stadt. Die Einfallstraßen sind regelmäßig verstopft. Die Anwohner*innen leiden unter den Abgasen, dem Lärm und der Feinstaubbelastung.
Die Mobilitätschancen sind ausgesprochen ungleich verteilt. Arme Menschen können sich weniger gut im öffentlichen Raum bewegen. Mütter ohne Auto werden eingeschränkt. Wer kein Auto hat, klebt am Wohnort fest. Kinder dürfen nicht aus dem Haus. Für viele Menschen ist die öffentliche Verkehrsinfrastruktur zu schlecht und zu teuer. Die kapitalistische Verkehrsorganisation führt zu einer ausgesprochen ungleichen Mobilität der Menschen.
Öffis zum Nulltarif! Raus aus der Autogesellschaft!
Das Auto hat uns den öffentlichen Raum als Ort des Austauschs und der Begegnung genommen. Viele Flächen in den Städten sind menschenfeindlich und zubetoniert, ohne Platz für spielende Kinder.
Verkehrswende kann da nicht nur heißen: Motor austauschen – wir müssen aus dem System Auto aussteigen!
Wir brauchen eine umfassende Verkehrswende. Wir müssen aus dem motorisierten Individualverkehr aussteigen und ein breit gefächertes System der öffentlichen Transporte aufbauen! Die gesellschaftliche Ungleichheit und die ökologische Belastung des gegenwärtigen Verkehrssystems sind gleichermaßen aufzuheben.
Wir stellen den privaten Autoverkehr in den städtischen Lebensräumen grundsätzlich in Frage. Die Menschen in Salzburg können sich in zehn Jahren weitgehend vom privaten Autoverkehr befreien.
Zugleich wollen wir die demokratischen Handlungsmöglichkeiten erweitern. Die Bewohner*innen sollen ihre Straßen und ihre Quartiere aneignen können, das heißt selbst verwalten können. Die Straßen sind wieder als Lebensraum zurückzuerobern. Die regionalen öffentlichen Transportsysteme sind auszubauen und zu demokratisieren.
Wir setzen uns dafür ein, dass alle hier lebenden Menschen ungeachtet ihres Geschlechts, Einkommens und ihrer Passfarbe dieselben Mobilitätschancen haben. Wir wollen, dass der öffentliche kommunale Verkehr zum Nulltarif fährt. Die touristischen Busse sind mit Abgaben zu belegen und von der Stadt fernzuhalten.
Voraussetzung für gute Mobilitätschance für alle ist nicht nur eine gute öffentliche Infrastruktur bei den öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bahn, Straßenbahn und Bus, sondern auch ein sicherer, mit dem öffentlichen Verkehr kompatibler Fahrradverkehr. Fahrräder müssen einfach und sicher mit öffentlichen Transportmitteln bewegt werden können. Individuelle Bedürfnisse können weiterhin über ein flächendeckendes Car-Sharing effizient und umweltverträglich einfach befriedigt werden. Car-Sharing ist eine sinnvolle Ergänzung zum öffentlichen Verkehr. Die Salzburg AG und die Stadtregierung haben dennoch fahrlässig das Carsharing System EMIL zugrunde gehen lassen und abgeschafft.
Unsere Vorschläge
Wir wollen eine radikale Verkehrswende verwirklichen.
- Jeder weitere Ausbau der Infrastruktur für den Autoverkehr ist zu unterlasen. Der Bau weiterer Parkhäuser im Innenstadtbereich ist zu unterlassen. Kein Ausbau der Mönchsberg-Garage. Die Zahl der Parkflächen in der Stadt ist zu reduzieren.
- Für viele Menschen sind die Kosten von Mobilität ein wesentlicher Teil der monatlichen Fixkosten. Fortbewegung darf kein Luxus sein. Der öffentliche Nahverkehr in der Stadt und ins stadtnahe Umland muss gratis sein.
- Der Großteil aller Fahrten und Transporte steht mit Arbeitsplatz und Wirtschaft in Verbindung. Entsprechend sollen Firmen auch für die benötigte Infrastruktur aufkommen, indem entsprechende Steuern eingehoben werden.
- Sämtliche Alltagswege in der Stadt und im Umland müssen mit öffentlichen und nicht-motorisierten Transportmitteln zu bewältigen sein. Darum ist der öffentliche Verkehr massiv auszubauen. Verkehrsplanung darf nicht an den Grenzen der Gemeinde, der Bundeslandes oder des Staates enden. Die Intervalle der Busse und der S-Bahn sind massiv zu verdichten. Der bevölkerungsreiche Flachgau muss mit neuen Buslinien gut mit der Stadt verbunden werden. Es braucht zahlreiche neue O-Busverbindungen am Stadtrand. Ein Netz von Kleinbussen und Ruftaxis kann flexibel den örtlichen Bedürfnissen angepasst werden. Auch im Umland muss es Alternativen zum Auto geben. Für die stark frequentierte Nord-Süd- und West-Ost-Achsen ist die Wiedereinführung einer leistungsfähigen Straßenbahn zu prüfen. Auf die teure und verkehrspolitisch unsinnige Verlängerung der Lokalbahn zum Mirabellplatz ist zu verzichten.
- In der ganzen Stadt Salzburg gilt für PKW und LKW Höchstgeschwindigkeit 30 km/h.
- Wenn wir individuell mobil sein müssen oder wollen, etwa für Transporte oder Ausflüge, können wir sie kommunal und möglichst ökologisch organisieren. Hierfür muss die Stadt ein kommunales Car-Sharing System aufbauen.
- Für Radfahrer*innen braucht es ausreichend Platz, Parkplätze und sichere Fahrwege. Das heißt jedoch keineswegs, dass teure Radwege zu bauen sind. Oft ist es einfacher, den Autoverkehr zu verlangsamen bzw. auszudünnen und damit den Straßenraum allen Verkehrsteilnehmer*innen zugänglich zu machen.
- Die öffentliche Transportinfrastruktur gehört zur gesellschaftlichen Grundversorgung. Darum muss die Stadt Salzburg den Betrieb der O-Busse und Busse direkt übernehmen. Der Busbetrieb soll demokratisch von der Stadt, den Gewerkschaften, den Fahrgastvereinigungen und Umweltinitiativen kontrolliert werden.
- Der öffentliche Raum soll Freiraum für alle sein, nicht Abstellfläche für PKW. Unsere Wohnumgebung muss so gestaltet sein, dass wir uns dort sicher und ohne gesundheitliche Beeinträchtigung (Lärm, Abgase) aufhalten. Es braucht konsumfreie Räume und Aufenthaltsplätze, wo wir uns treffen können und miteinander Zeit verbringen. Das bedeutet ausreichend kommunale Zentren, Jugendzentren, Kulturzentren, Bibliotheken, Kinos oder Schwimmbäder, die für die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung zur Verfügung stehen.
- Die Unternehmen profitieren von der Arbeitsleistung der Lohnabhängigen. Darum haben sie Kosten für die Arbeitswege über eine Abgabe zu übernehmen. In einigen Städten gibt es solche Abgaben bereits.
- Alle Begünstigungen des Automobilverkehrs sind sofort zu beenden. Dazu zählen die Subventionierung von Dieseltreibstoff und die steuerliche Abzugsmöglichkeit von Firmenautos. Dem motorisierten Individualverkehr sind sämtliche Kosten, die er verursacht anzurechnen.
- Der regionale öffentliche Verkehr ist mit einem dichten Fahrplan in den überregionalen, nationalen und internationalen Eisbahnverkehr zu verbinden. Auch die Nebenlinien müssen in einen dichten Taktfahrplan eingebunden werden.
- Die Preise des Bahnverkehrs sind deutlich zu senken und günstige Jahreskarten einzuführen.
Keine Partei im Parlament wird diese Perspektive umsetzen. Hierzu braucht eine starke Bewegung, die sich für eine Verkehrswende jetzt einsetzt. Die nächste Auseinandersetzung steht vor der Tür. Die Landes- und Stadtregierungen wollen die Erweiterung der Mönchsberg-Garage durchdrücken. Dagegen gilt es den bereits vorhandenen Widerstand zu einer breiten Bewegung zu entwickeln, die auch vor zivilem Ungehorsam nicht Halt macht und die Garage verhindert.
Titelfoto: Blockade der IAA in Frankfurt. Foto: Chris Wilner
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